QMS eines kleinen IT-Dienstleisters

  • Heike
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#12150 by Heike
Hallo, Forum,
als mein Erstlingswerk als Qualitätsmanagerin implementiere ich gerade ein Qualitätsmanagementsytem nach ISO 9000 ff. bei einem kleinen befreundeten IT-Dienstleister. Und wenn ich sage "klein", dann meine ich im Höchstfall drei Leute (wenn die Familie mitarbeitet). Bei der Vorbereitung bin ich natürlich auch auf die mitgeltenden Gesetze, VO's usw. gestoßen, die man ja bekanntlich im QM-Handbuch erwähnen soll. Auf meine Frage, was denn außer der ElektronikschrottVO für ihn noch relevant ist, war mein Kunde/Bekannter ratlos - mindestens so wie ich. ;-)
Lange Rede - kurzer Sinn: Kann mir jemand sagen, welche gesetzlichen und anderen Voraussetzungen ich bei einem so kleinen Unternehmen der IT-Branche in das QM-Handbuch aufnehmen soll?
Hat jemand auf dem Gebiet Qualitätsmanagement in Kleinstunternehmen Erfahrung, der mir vielleicht ein paar Tipps geben kann, worauf ich sonst noch achten soll?
Vielen Dank im Voraus und ein schönes Wochenende
Heike

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  • Manuel
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#12178 by Manuel
Replied by Manuel on topic Re: QMS eines kleinen IT-Dienstleisters
Hallo Heike,
eine Auflistung der externen Dokumente würde ich nicht in das Handbuch aufnehmen, sondern als eigenständige Liste laufen lassen. Sonst musst du immer dann, wenn sich eine Norm ändert oder eine hinzu kommt, auch das Handbuch ändern und neu ausgeben. Das Handbuch sollte allgemein gehalten werden, so dass man es so selten wie möglich ändern muss.
Ich bin Auditor bei einer Zertifizierungsstelle, deren Kunden zu einem sehr großen Teil Klein- und Kleinstunternehmen sind.
Mein wichtigster Tipp ist: Macht euch bloß nicht zu viel Arbeit mit der QM-Dokumentation!!!
Bei Kleinstfirmen sollte QM-Dokumentation nicht mehr als 10 bis 15 Seiten (inkl. aller Anweisungen) haben!
Der schlimmste QM-Killer ist eine unnötig aufgeblähte Doku. Der Vorteil solch kleiner Firmen ist die einfache Struktur und die damit zusammenhängende flexible Arbeitsweise der kurzen Wege. Da ist ein aufwändiges, papierlastiges QM-System fehl am Platze. Leider wird dieser Fehler immer noch sehr häufig gemacht.
Natürlich muss es ein gewisses Mindestmaß an Aufzeichnung und Dokumentation geben. Es muss aber nicht für alles und jedes ein Formblatt geben. Ein Namenskürzel mit Datum, z.B. unter einem Angebot ist auch eine Aufzeichnung.
Ein weiterer Fehler bei der Handbucherstellung in kleinen Firmen ist die normorientierte Struktur. Gerade für kleine Firmen bietet die "neue" Norm 9001:2000 bezüglich einfacher QM-Doku viele Möglichkeiten: Ausser in 6 Punkten ist nirgendwo eine Beschreibung gefordert. Oft reicht eine rein mündliche Festlegung aus(und das ist fast immer der Fall, wenn nur eine einzige Person eine Tätigkeit ausführt).
Wenn sich das Handbuch nach der Normstruktur richtet, wird man automatisch zu jedem Punkt etwas schreiben wollen (müssen). Bei zahlreichen Punkten wird man sich dann etwas aus den Fingern saugen müssen. Z.B. bei den Punkten "Arbeitsumgebung" oder "Infrastruktur" habe ich da schon den größten Schwachsinn lesen müssen, einfach weil dem Autor nichts besseres eingefallen ist.
Die 6 von der Norm geforderten Verfahrensbeschreibungen können in einer oder wenigen Anweisungen zusammengefasst werden und sollten ebenfalls nicht mehr als 1,2,3 Seiten umfassen (alle 6 zusammen!).
Viel wichtiger als das Handbuch sind sowieso die Dokumente des täglichen Gebrauchs, wie Checklisten, Prüfprotokolle etc. Mit diesen könnt ihr korrekte Arbeitsweise und einwandfreie Produkte nachweisen. Die müssen passen, da man sie im Falle von Haftungsansprüchen von euch verlangen wird. Daruf sollte das Augenmerk liegen.
Denn nicht mit dem Handbuch wird die Norm erfüllt, sondern mit der täglichen Arbeit im Unternehmen!
Beste Grüße
Manuel
PS: Falls du noch konkrete Fragen hast, stehe ich gerne zur Verfügung

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  • Heike
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#12185 by Heike
Replied by Heike on topic Re: QMS eines kleinen IT-Dienstleisters

: Hallo Heike,

: eine Auflistung der externen Dokumente würde ich nicht in das Handbuch aufnehmen, sondern als eigenständige Liste laufen lassen. Sonst musst du immer dann, wenn sich eine Norm ändert oder eine hinzu kommt, auch das Handbuch ändern und neu ausgeben. Das Handbuch sollte allgemein gehalten werden, so dass man es so selten wie möglich ändern muss.

: Ich bin Auditor bei einer Zertifizierungsstelle, deren Kunden zu einem sehr großen Teil Klein- und Kleinstunternehmen sind.
: Mein wichtigster Tipp ist: Macht euch bloß nicht zu viel Arbeit mit der QM-Dokumentation!!!
: Bei Kleinstfirmen sollte QM-Dokumentation nicht mehr als 10 bis 15 Seiten (inkl. aller Anweisungen) haben!
: Der schlimmste QM-Killer ist eine unnötig aufgeblähte Doku. Der Vorteil solch kleiner Firmen ist die einfache Struktur und die damit zusammenhängende flexible Arbeitsweise der kurzen Wege. Da ist ein aufwändiges, papierlastiges QM-System fehl am Platze. Leider wird dieser Fehler immer noch sehr häufig gemacht.

: Natürlich muss es ein gewisses Mindestmaß an Aufzeichnung und Dokumentation geben. Es muss aber nicht für alles und jedes ein Formblatt geben. Ein Namenskürzel mit Datum, z.B. unter einem Angebot ist auch eine Aufzeichnung.

: Ein weiterer Fehler bei der Handbucherstellung in kleinen Firmen ist die normorientierte Struktur. Gerade für kleine Firmen bietet die "neue" Norm 9001:2000 bezüglich einfacher QM-Doku viele Möglichkeiten: Ausser in 6 Punkten ist nirgendwo eine Beschreibung gefordert. Oft reicht eine rein mündliche Festlegung aus(und das ist fast immer der Fall, wenn nur eine einzige Person eine Tätigkeit ausführt).

: Wenn sich das Handbuch nach der Normstruktur richtet, wird man automatisch zu jedem Punkt etwas schreiben wollen (müssen). Bei zahlreichen Punkten wird man sich dann etwas aus den Fingern saugen müssen. Z.B. bei den Punkten "Arbeitsumgebung" oder "Infrastruktur" habe ich da schon den größten Schwachsinn lesen müssen, einfach weil dem Autor nichts besseres eingefallen ist.

: Die 6 von der Norm geforderten Verfahrensbeschreibungen können in einer oder wenigen Anweisungen zusammengefasst werden und sollten ebenfalls nicht mehr als 1,2,3 Seiten umfassen (alle 6 zusammen!).

: Viel wichtiger als das Handbuch sind sowieso die Dokumente des täglichen Gebrauchs, wie Checklisten, Prüfprotokolle etc. Mit diesen könnt ihr korrekte Arbeitsweise und einwandfreie Produkte nachweisen. Die müssen passen, da man sie im Falle von Haftungsansprüchen von euch verlangen wird. Daruf sollte das Augenmerk liegen.

: Denn nicht mit dem Handbuch wird die Norm erfüllt, sondern mit der täglichen Arbeit im Unternehmen!

: Beste Grüße
: Manuel

: PS: Falls du noch konkrete Fragen hast, stehe ich gerne zur Verfügung

Hallo, Manuel,
wenn ich ehrlich sein soll, fällt mir mit deiner Antwort erst mal ein Stein in der Größe mindestens des Mount Everest vom Herzen. Ich hatte mir nämlich aus dem Internet eine Checkliste für ein Zertifizierungsaudit runtergeladen, an der ich mich zumindest ansatzweise orientieren wollte. Aber auch da waren schon wahnsinnig viele Dinge drin, bei denen ich allein schon bei der Vorstellung, ich sollte damit an meinen Bekannten/Kunden herantreten, Beklemmungen bekommen habe, da er so überhaupt keinen Bezug in seinem Arbeitsalltag dazu hätte.
Mittlerweile bin ich so weit, dass ich mit ihm eine Qualitätspolitik formuliert habe, sogar Q-Ziele haben wir ausgemacht, und seine strategischen Unternehmensziele beinhalten schon einen KVP. Für seine beiden Kernprozesse haben wir je eine kleine allgemein gehaltene VA erstellt. Er hat neben Angebot und Rechnung nur zwei Formblätter, die ich wichtig fand, da sie einerseits eine Art Gedächtnisstütze darstellen sollten bzw. sicher stellen sollen, dass er im Haftungsfall Nachweise erbringen kann. Da bin ich also sehr zufrieden, da ich auch wie du auf dem Standpunkt stehe, dass weniger mehr ist, wenn es angewandt wird.
Da er nun ein Ein-Mann-Unternehmen ist, stellt sich für mich die Frage, wie ich z. B. mit dem Kapitel Ressourcen umgehen soll. Er selber bildet sich zwangsläufig dauernd fort, da der IT-Bereich ja so schnelllebig ist. Seine Frau hat er zu einem Buchhaltungskurs geschickt. Ich finde es daher gelinde gesagt eher übertrieben, einen Schulungsplan aufzustellen. Würde ein Auditor so etwas fordern?
Die zweite Frage, die sich mir stellt, ist die Frage nach Audits. Wie soll ich die Forderung nach 8.2.2. Interne Audits erfüllen, wenn nur ein Mensch in dem Unternehmen tätig ist?
Ansonsten, glaube ich, bin ich ganz gut dabei. Auf jeden Fall danke ich dir nochmals für deine Auskunft.
Grüße aus dem (noch) sonnigen Norddeutschland
Heike

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#12242 by Manuel
Replied by Manuel on topic Re: QMS eines kleinen IT-Dienstleisters
Hallo Heike,
ich glaube, du bist auf dem richtigen Weg. Genauso stelle ich mir eine gute Beratung vor: Nicht die Pappe an der Wand ist das Ziel (egal, mit welchem Aufwand), sondern die sinnvolle Umsetzung der Norm.
Natürlich gibt es immer noch Auditoren, die den klassischen Schulungsplan fordern. Dabei fordert die Norm lediglich, dass der Schulungsbedarf ermittelt und ggf. erfüllt werden muss. Wie man das macht ist egal, Hauptsache es funktioniert und man kann dies dem Auditor schlüssig erläutern. Nachweise über durchgeführte Schulungen müssen aber dennoch vorhanden sein. Also entweder Bescheinigungen oder Zertifikate des Anbieters, Anmeldung zur Schulung mit Vermerk der Durchführung, o.ä.
Die internen Audits sind in der Norm klar gefordert, sie müssen also sein. Aber auch hier sollte man versuchen, diese Forderung sinnvoll umzusetzen.
Auch in Kleinstfirmen gibt es Dinge, die man regelmäßig kontrollieren kann. Wichtig ist, dass man bei den internen Audits weniger die Normkonformität (dafür ist ja auch der externe Auditor da), sondern mehr die praktischen Dinge prüft. In deinem Fall gehören dazu auf jeden Fall die Tätigkeiten, die der Chef nicht selbst tut (Buchhaltung, Rechnungswesen, etc.). Da können sich an vielen Stellen Fehler einschleichen. Genauso gut kann die Frau die Tätigkeiten des Chefs stichprobenartig kontrollieren. Wahrscheinlich wird es bereits jetzt einige solcher "Kontrollen" geben, sie werden nur nicht dokumentiert und heissen auch nicht interne Audits.
Eine einfache Liste sollte zur Dokumentation ausreichen. In der Liste sollten folgende Punkte enthalten sein: Begutachtungspunkt, i.O. oder n.i.O, Maßnahme, Termin, zuständig, erledigt.
Mit einer solchen Liste hat man das komplette Thema interne Audits erschlagen.
Das interne Audit muss nicht unbedingt an einem bestimmten Tag durchgeführt werden. Wenn man eine Datumspalte in die Liste einfügt, kann man die Begutachtung der einzelnen Punkte auch über das Jahr verteilen, je nach dem, wann man gerade ein wenig Zeit übrig hat. Diese Vorgehensweise hat sich gerade bei kleinen Firmen bewährt.
Wenn die Liste 10 bis 20 Punkte umfasst, sollte das reichen. Wichtig ist, das alle Bereiche der Fa. bedacht wurden.
Auch hier gilt: Der häufig (unsinnigerweise) erstelle Auditplan ist nicht zwingend gefordert.
Mit der o.g. Liste sind die internen Audits bestens geplant.
Meist ist es sinnvoll, die Normbegriffe (z. B. internes Audit, Korrekturmaßnahman, Qualitätspolitik, usw.) rauszuschmeissen und durch andere, praktikable Begriffe, die jeder kennt, zu ersetzen. Dies wird die Akzeptanz im Unternehmen wesentlich erhöhen und zu mehr Verständnis führen.
Beste Grüße
Manuel

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