"The Six Sigma Way", kulturlogische Bewertung

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#4020 by Wolfgang Horn
Hallo Frank,
zu Pande, Neumann, Cavcanaugh: "Six Sigma erfolgreich einsetzen", verlag moderne industrie 2000, die deutsche Übersetzung des Buches, das Du nanntest.
Die Stärken und Schwächen, die aus kulturlogischer Sicht wesentlich sind für den Geschäftserfolg.
(Geschäftserfolg: Solange die Marktwirtschaft eine Art Fortsetzung der Evolution mit intelligenteren Mitteln ist, solange kommt es nicht darauf an, daß man die Dinge richtig tut. Auch nicht darauf, daß man die richtigen Dinge tut. Sondern daß jeder das tut, was das Beste ist für Zukunft und Wachstum seiner Unternehmenseinheit - und damit seines Unternehmens.)
- - - - - - Stärken - - - - - -
1. Stärke: Simplizität (im Gegensatz zur Kompliziertheit)
"Im Kriege und im Projekt hat nur das Simple Erfolg" (nach Carl von Clausewitz)
Dies gilt gerade unter qualifiziertem Personal, dessen Mitdenken gefragt ist. Mitdenken erfordert Verständnis des ganzen Prozesses der Zusammenarbeit, und das ist unmöglich mit barock verschnörkelt-perfektionierten Teilprozessen, die nur derjenige versteht, der sie entworfen hat.
Eine Stärke von Six Sigma generell - die Fokussierung auf nur eine einzige Kennzahl.
Denn schon zwei Kennzahlen als Ziele ungeklärter Rangordnung sind zusammen eine Garantie für Verunsicherung der Führungskraft, Zwist in ihrem Team, Gegeneinander, Minderproduktivität und Minderergebnisse. Die Controllitis ruft!

2. Stärke: Fokussierung auf Meßbares
Das kürzt die Diskussionen ab und schafft zumindest Scheinsicherheit. Wer "aber die Ethik!" sagt, ist ein Spielverderber. Die "Spielregeln" sind eben simpel und klar fokussiert.

3. Stärke: Konkrete Forderungen an Führungskräfte
Führungskräfte heißen so, weil und wenn sie führen. Das heißt, voran gehen auf einem Wege und über wacklige Hängebrücken.
Allzu groß ist die Verführung der Mächtigen, die Führungsarbeit zu delegieren an einen Scout - oder eben QMB.
Wenn der Scout nicht todesmutig ist, dann wird die Schlucht bestenfalls nur zögerlich überquert.
Schön, wie Pande et. al. betonen, daß sich das gesamte Management mit Six Sigma identifizieren muß, damit Six Sigma Erfolg haben kann.
Diese Forderung der "Gurus" gibt dem "Black Belt" auch die unmißverständlichen Argumente, dies Commitment einzufordern.

4. Stärke: Prozeß
Die Wegweiser (Kapitel 12...17) weisen einen simplen Prozeß, der, wo er funktioniert, auch ganz plausibel erscheint.

5. Stärke: Kein "Erfolg = Qualität x Akzeptanz"
Schade, meine Vorfreude auf tödliche Vernichtung einer Leerformel vergeblich.
Der Verzicht auf sie (ich habe sie im Buch jedenfalls nicht gefunden) ist also eine Stärke der Autoren.
Trotzdem will ich die heilige Kuh schlachten, Jack Welch's Zauberformel. Sie ist eine Leerformel, weil
* nicht genau gesagt ist, welche Art von Erfolg und welche nicht,
* nicht genau gesagt ist, welche Art von Qualität und welche anderen möglichen Interpretationen des Begriffes eben nicht, (so mancher verwechselt "mehr Qualität" mit "mehr Detaillierung der Prozesse".)
* nicht genau gesagt ist, was "Akzeptanz" konkret bedeutet. Gelten Lippenbekenntnis auch schon als Akzeptanz, auch, wenn der Widerstand nur subtil- unsichtbar ist?
* und weil die Anleitung zum Handeln fehlt, wie die schwammige Akzeptanz erreicht werden kann. (Ich erlebe, wie diese einfach gefordert wird, friß oder geh, und wie die verängstigten Arbeitnehmer natürlich nicken und Begeisterung zeigen.)

- - - - - - Unklarheit - - - - - -
Meine Frage als Fachmann für Miteinander an die Fachleute für die Prozeßkostenrechnung: Funktioniert eine konsequente Six-Sigma-Politik ohne Prozeßkostenrechnung?
Vielleicht habe ich die Kostenbetrachtung übersehen.
- - - - - - Schwächen - - - - - -
1. Schwäche: : Nichtberücksichtigung der Frage, "wie Menschen funktionieren"
(Mein Thema.) Das ist, als würde man Flugzeuge konstruieren ohne Kenntnis der Aerodynamik. Das funktioniert schon, man braucht das Papier nur exakt richtig zum Papierflieger zu falten, und er fliegt auch ohne Aerodynamik. Aber nur, weil die Luft so einfallslos ist und ganz ohne eigene Absichten.
Folge A: Solange die Personen aus Begeisterung oder Angst die Six-Sigma-Spielregeln willig befolgen, funktioniert der Weg. Also immer dann, wenn Abbau von Arbeitsplätzen droht. Also immer in der Rezession. (Aber wenn Unternehmen nur in der Rezession steuerbar sind, dann stirbt die Volkswirtschaft als Ganzes.)
Folge B und 2. Schwäche: Vernachlässigung der Interessen der Anteilseigner und der Belegschaft
"Konsequente Kundenorientierung" - das klingt glanzvoll in den Ohren der Einkäufer.
Anteilseigner müssen nur vertrauen, daß der Six Sigma Prozess seine Versprechen erfüllen wird.
Und die Mitarbeiter, deren engagiertes Mitdenken so notwendig ist für wettbewerbsfähige Ergebnisse, wie deren Qualifikation hoch ist?
Je kritischer Anteilseigner und Mitarbeiter, desto wackeliger der Erfolg.

Folge C und 3. Schwäche: Delegation von Führung
Die "Black Belts" und Andersfarbige sind als Change Agents eingesetzt, an sie wurde die Verantwortung delegiert, eine Veränderung zu bewirken. Wenn der geänderte Prozeß steht, dann soll der Process-Owner ihn weiter verwalten.
Das mag passen zu einer Arbeitskultur des Prinzips "Trennung von Kopf- und Handarbeit", insbesondere zu einer Ausweitung des Prinzips, indem nun auch den Führungskräften vorgedacht wird, indem man sie Process-Owner nennt und den geänderten Prozeß nur verwalten läßt.
Also der Black Belt überquert mit der Mannschaft die Hängebrücke, dann übergibt er dem Process-Owner, hat seine Schuldigkeit getan und kann zum nächsten Prozeß gehen.
Hervorragend für Jung-Siegfrieds. Aber wer den kurzfristigen Erfolg sucht, wird dem folgenden KVP viel Halbgares hinterlassen.
Die Demontage der Führungskraft (Process-Owner) erschwert den KVP, kostet ihr Führungsfähigkeit und mindert ihre Ergebnisse.
Aber gerade die weiteren Ergebnisse sind die langfristigen, die zum Geschäftserfolg beitragen, und eben nicht der Glanz der Helden.
Pande et. al. merken an "Denken sie daran, dass der Sponsor und der Prozessverantwortliche dieselbe Person sein können." Prognose: Wo diese Personalunion vorhanden ist inklusive Resultat- und Personalverantwortung, da werden die Six-Sigma-Projekte zügiger und erfolgreicher durchgezogen - und die Prozesse nachher auch wirtschaftlicher.
Aber genau diese Personalunion widerspricht dem Gedanken der Delegation der Führungsarbeit. Wir bräuchten dieser Person nur auch noch die Rolle des Teamleiters (Black Belt) zu geben, und schon sind wir nah dran bei der Führungskraft, die ihren eigenen Verantwortungsbereich anpaßt an den Markt.
(Solange Arbeit geteilt wird, muß die Integration aller aufgeteilten Rollen wieder die Tätigkeiten des selbständigen Ein-Mann-Unternehmers ergeben.
Wenn schon Teilung der Arbeit, dann kommt es auf die zweckmäßigste Form der Teilung an.)

4. Schwäche: Mehr Behauptungen als verständliche Begründungen
Beispiel "Fahrprozeß-Variation": Die Minimierung der Varianz wird als höchster Wert erklärt, darauf baue alles weitere auf. Aber schwach ist die Begründung, so daß der Mitarbeiter erkennen kann, wie die Minimierung aller Varianzen zu Zukunft und Wachstum des Unternehmens beiträgt und damit seine eigenen Bemühungen zur Sicherheit seines Arbeitsplatzes.
Wer mehr Akzeptanz will als nur Lippenbekenntnisse, der wird auch diese Zusammenhänge kausal aufzeigen müssen.

5. Schwäche: "Monotheismus"
Jede Forderung "Verändere Dich!" enthält die versteckte Beleidigung: "Du bist nicht gut!" und die Behauptung: "Ich weiß, was zu Deinem Glück notwendig ist!"
Ein genereller Mangel aller Managementmodewellen - Beleidigung und Behauptung lassen die Erfahrenen verstummen und die Herzen derjenigen höher schlagen, die mehr Ehrgeiz als Erfahrung haben.
Es ist schon Vorteil, starre Strukturen erst mal zu erschüttern, um sie dann umzubauen.
Aber wer Führungskräfte derart demontiert, soll über Unsteuerbarkeit seines Unternehmens nicht klagen.
"Six Sigma sei dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben Six Sigma" - die ewige Leier aller Managementmodewellen.
Pande et.al. haben das schon abgeschwächt, indem sie eine große Variation an Wegen zum Ziel zulassen, dazu sogar ermuntern.
Andererseits ergibt sich so eine Definition für Six Sigma, in die alle Arten der Führung hinein interpretiert werden können:
"SIX SIGMA: Ein umfassendes und flexibles System um Geschäftserfolg zu erreichen, zu erhalten und zu maximieren. Six Sigma wird einzig voran getrieben durch ein tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse, eine disziplinierte Verwendung von Fakten, Daten und statistischer Analyse sowie durch große Aufmerksamkeit in Bezug auf Durchführung, Verbesserung und Neugestaltung von Geschäftsprozessen".
Hier zeigt sich ein Widerspruch zwischen "Six Sigma - der einzige Weg zum Erfolg" und "eigentlich ist jeder Weg Six Sigma" (sofern er nur statistische Analyse beinhaltet?).
Klare Wissenschaften beginnen nun mal mit klaren Definitionen. Mit Definitionen, die auch Abgrenzungen sind. Aber Selbstbeschränkung des Geschäftsfeldes ist eben nicht im Interesse des Unternehmensberaters.

6. Schwäche: Tabuisierung der Nebenwirkungen
Einige habe ich oben aufgezeigt. Wer über "gesunden Menschenverstand" verfügt, ahnt diese zumindest.
Wenn er erlebt, wie seine Führungskräfte und Jung-Siegfrieds losrennen, mit "Hurra!" auf den Lippen, aber einer Scheuklappe vor dem Auge für Nebenwirkungen, dann ist echte Begeisterung nur von naiven Mitarbeitern zu erwarten.

7. Schwäche: Kurzsichtige Resultatorientierung
Wenn der Six Sigma Prozess zu den Geschäftsergebnissen beitragen soll, dann müßte die Art und Weise dieses Beitrags auch aufgezeigt und begründet werden können und werden.
Was da stand außer Behauptungen, habe ich wohl überlesen.
Behauptungen mögen tauglich sein in der US-Arbeitskultur des Hire&Fire und der naiven oder vorgespielten Begeisterung.
Aber nicht in der Arbeitskultur des "alten, erfahrenen Europa", der Arbeitskultur der hoch qualififizierten, selbständigen und auch kritischen Mitarbeiter.
Sicher einer der Gründe, warum die Managementmodewellen, die in den USA mit tollen Erfolgen starten, hierzulande so viel Verwüstung hinterlassen.

8. Schwäche: Optimierung auf die US-Arbeitskultur des Hire&Fire
Wo das Personal sowieso ständig wandert und wo ständiger Kündigungsdruck die Arbeitnehmer sehr geduldig macht, da kann man sie ruhig so erschrecken, Prozesse neu fassen und bei nächster Gelegenheit erneut.
Die US-Arbeitskultur hat durchaus ihre Vorteile und damit verbundene Nachteile.
Die Arbeitskultur des alten+erfahrenen Europa ist da deutlich anders - höhere Qualifizierung, längere Standzeiten, Erfahrung und Mitdenken sind gefragt.
Unsere Arbeitskultur hat andere Vor- und damit verbundene Nachteile.
Genauso wie im Sport - wer meint, er könne Erfolsrezepte der National Football League anwenden in der Fußball-Bundesliga, der kann Erfolg haben, aber sehr viel wahrscheinlicher wird er sein Blaues Wunder erleben und sein Team sich kaum auf Spitzenpositionen emporkämpfen, sondern eher Könige der Roten Karten und des Abstiegs sein.
Deshalb prüfe...übernimm das Gute, und passe es an.
- - - - - - Empfehlungen - - - - -
* Six Sigma anpassen an die hiesige Arbeitskultur des alten+erfahrenenen Europa: Nicht als alleinseligmachendes Erfolgsrezept, sondern als Werkzeugkoffer. Gute Werkzeuge setzen sich sowieso durch, man braucht deswegen nicht auch noch alles bisher bewährte Werkzeug zu verschrotten und die bisherigen Handwerker dazu. ("Handwerker"=Führungskräfte.)
* Plausibel begründen, wie Six Sigma-Werkzeuge zu Zukunft und Wachstum des Unternehmens beitragen - und damit zur Sicherheit der Arbeitsplätze.
* Alle Behauptungen so begründen, daß auch der "durchschnittliche Facharbeiter" sie nachvollziehen kann. Andere Behauptungen in den "Giftschrank" sperren (dem Fachmann wohl bekannt, aber er nutzt sie nicht.)
* Personalunion von Sponsor, Process Owner und möglichst auch Black Belt bevorzugen. Insbesondere muß der Process Owner in allen Entscheidungen, die seinen Prozeß betreffen, das letzte Wort haben. Und zwar von Anfang an. Solange es auf die langfristigen Beiträge zu den Geschäftsergebnissen ankommt, sind höhere Beiträge zu erwarten, wenn der Black Belt von Anfang im Auftrag des Process Owners tätig ist.
* In allen Entscheidungen auch die Nebenwirkungen bedenken.
- - - - - - Schluß - - - - - - - - - - - - - -
Frank, so weit die flüchtige Analyse und Bewertung dieses Buches über Six Sigma.
Es sind ganz klar nützliche Dinge darin, und in seiner Gesamtheit nützlicher als vieles andere.
Aber - Football / Fußball - wer nach Football-Regeln spielt, wird weder in der NFL noch in der Bundesliga lange bestehen.
Wer Risiken minimieren will, paßt Six Sigma besser an die hiesige Arbeitskultur an.
Und nu' kommst Du.
Ist es mir gelungen zu zeigen, daß Six Sigma selbst noch verbessert werden kann - und sogar verbessert werden muß, um in der hiesigen Arbeitskultur Nebenwirkungen und Schäden zu vermeiden?
Ciao
Wolfgang Horn
- - - - - - - - P.S. - - - - - -
Mir schwant da gerade ein Zusammenhang.
Identifiziert sich "Herr Baron" (mein Modell-Projektmanager) mit einer Managementmodewelle, dann mag er von ihr hoch emporgetragen werden. Aber so sehr sein Name mit ihr verbunden ist, so sehr wird er an ihren Lehren festklammern. Andernfalls verlöre er Glaubwürdigkeit und damit Führungsfähigkeit.
Dies Festklammern läßt die Strukturen erstarren, verhindert Anpassung.
Zur Lockerung der Strukturen wird dann die nächste Modewelle benötigt, die aber gleichzeitig auch Herrn Baron wegspült, weil er als Symbol der veralteten Lehre untragbar geworden ist.
Im Vorteil ist, wer sein Unternehmen gar nicht erst so erstarren läßt, daß es nur durch kräftige Erdbeben wieder angepaßt werden kann an den Markt. Sondern wer jede Anpassung an den Markt durchzieht, die lohnend erscheint. Und zwar nicht erst zur nächsten Managementmodewelle, sondern sofort.



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  • Martin
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#4022 by Martin
Hallo Wolfgang
ist es mit deinen Empfehlungen zu Six Sigma nicht wie zu allen anderen Management Methoden auch!?
Wer versucht ein Managementsystem wie z.B. Six Sigma wie eine Doktrin über sein Unternehmen zu legen ohne Rücksicht auf alles, ist meines Erachtens nach, von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Wer er es aber schafft, aus so einem Managementkonzept, die wichtigen und vorallem nützlichen Aspekte für sein Unternehmen herauszufiltern und damit zu optimieren, ist sicherlich ganz vorne dabei.
Sicherlich gibts dann wieder Unternehmensberater die versuchen genau dieses Konzept mit massenweise Theorie, Kenngrößen und in abervielen Büchern zu beschreiben und es bekommt einen "heiligen Namen".
Dann kannst du den Kreislauf wieder schliesen in dem andere Firmen es wieder blind versuchen dieser Goldenen Kuh nachzurennen!!
Meine Meinung ist immer noch, dass es die Mischung macht, im richtigen Augenblick das richtige Tool anzuwenden, wie das dann bezeichnet wird ist meines Erachtens nach etwas für die "Schreiberlinge".
Diese Fähigkeit den Überblick zu haben und zu entscheiden, zählt für mich 1000mal mehr, als jede Management-Methode bis in die kleinste Ausführung und Kennzahl aufbeten zukönnen, aber nichts dabei zu verstehen!
In diesem Sinne schönen Feierabend
Grüsse
Martin




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  • Frank Hergt
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#4023 by Frank Hergt
Hallo Wolfgang!
Deine Analyse deckt sich so ungefähr mit meiner. Ich betrachte alle solche Bücher nicht als Bibeln, sondern als "Werkzeugkästen", denen ich das für mich geeignete und anwendbare entnehme. Bin ich in diesem Forum auch nicht der Einzige, wie ich früheren Diskussionen entnommen habe. Auch die amerikanische Kultur ist mir aufgefallen. Ist nebenbei das gleiche bei japanischen Ratgebern. Aber auch wieder sehr interessant, man wird aus der eigenen Perspektive ein bischen herausgerissen. Aber jetzt der zentrale Punkt (und damit auch die Antwort auf Dein Mail):
Alle diese Ratgeber verfolgen eine andere Richtung als Du! Und die Richtung ist nicht entgegengesetzt, sondern 90_. Du lehrst die Prinzipien der erfolgreichen Menschenführung, wie man Mitarbeiter hinter sich bringt, begeistert, wie man Widersprüche, die aus den Unterschieden von offiziellen und impliziten Aussagen entstehen, aufdeckt und beseitigt. Gut. Die Managementratgeber (immer nur die guten!) erzählen, mit welchen Kennzahlen man arbeiten kann, wie man eine Fertigung taktet, Lagerbestände abbaut usw. Auch gut.
Um ein Unternehmen erfolgreich zu führen, braucht man selbstverständlich beides: Die "harten" Methoden und die "weichen". (Ja, ich weiß, daß die Begriffe nicht wirklich passen.) Vernachlässige eines von beiden und Du landest im Graben. Weil Du die "harten" Methoden, wie ich Deinen Ausführungen zu Lastenheft und Pflichetenheft entnommen habe, beherrschst, betrachtest Du sie als selbstverständlich. Dem ist aber nicht so. Du findest genug Unternehmen, in denen der Chef jeden beim Namen kennt und bei allen Kindstaufen dabei war, aber keine Ahnung hat, wie viele Millionen im Lager liegen. Denen können solche Bücher (und Berater), korrekt eingesetzt helfen. Das, was Du suchst, findest Du dort nicht. Auf dem Gebiet tummeln sich eher Psychologen und Verhaltensforscher. Wenn Du da zu Deinem Gebiet auch nichts zufriedenstellendes findest, mußt Du Dich halt damit abfinden, daß Du ein Pionier bist, und es selber schreiben!
Schöne Grüße
Frank
PS: Noch die Antwort auf Deine Abschlußfrage: Um Six Sigma für den deutschen Markt zu verbessern, bin ich zu faul. Ich nehme einfach die Methoden und Ideen, die mir sinnvoll anwendbar erscheinen, wende die an und lasse Six Sigma Six Sigma sein. An dem Buch hat mir einfach die Menge solcher praktikabler Ideen gefallen.



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  • Wolfgang Horn
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#4025 by Wolfgang Horn
Hallo zurück, Martin,
: ist es mit deinen Empfehlungen zu Six Sigma nicht wie zu allen anderen Management Methoden auch!?
Danke für die Bestätigung. Sie alle haben Nützliches und auch anderes.
Schauen wir nicht auf die Unterschiede zwischen den Managementmethoden, wie grell diese uns auch immer anleuchten.
Sondern schauen wir auf die Gemeinsamkeiten - und auf das, was möglicherweise in allen Managementmodewellen schief läuft.
Und da ist das, was Du schreibst, bestimmt schon ganz nahe.
Das, was im Miteinander wirklich wichtig ist, das ist so alt wie die Menschheit.
Aber all das ist leider nicht alles leicht und bequem, sondern überragende Leistungen erfordern auch überragende Anstrengungen.
Verführisch ist dann, erfolgreiche Verhaltensweisen in eine Methode umzusetzen und zu glauben, diese Methode nun mache den Erfolg aus.
Schon haben wir wieder eine Goldene Kuh...
"Wer er es aber schafft, aus so einem Managementkonzept, die wichtigen und vorallem nützlichen Aspekte für sein Unternehmen herauszufiltern und damit zu optimieren, ist sicherlich ganz vorne dabei..."
Ja, vor allem, wenn er auch die unbequemen wichtigen Aspekte und Tätigkeiten für wichtig nimmt!
Und wenn er benutzt als "mein Werkzeug, ich halte es für nützlich und habe mich entschieden, es anzuwenden", statt sich zu verstecken mit "aber nach Six Sigma ist es nun mal notwendig..."
Und noch viel wichtiger: Wenn er diese richtige Sicht der Dinge auch seinem Fondsmanager erklären kann!!
Demjenigen Fondsmanager, der beispielsweise nur die ersten drei Seiten des Buches über Six Sigma gelesen hat, weil ihm da schon der Kopf dröhnte von den glänzenden Kurssprüngen.
Und dann ist der Druck gewaltig auf Geschäftsführer, Führungskräfte, "Change Agents", Personalentwickler und so fort.
Dann gilt es, seinem Geschäftsführer den Rücken zu stärken. Ihm die Argumente zu geben, damit er seinen Fondsmanager aufklären kann.
Ciao
Wolfgang Horn



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  • Vivian
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#4027 by Vivian
Replied by Vivian on topic Kulturlogische Bewertung
Hallo
Für mich ist Literatur zur Managementmethoden ein Werkzeug, unterstützt die Ideenfindung und eröffnet den Blick für Alternativen - quasi auch ein _Medikament“ gegen Betriebsblindheit. Ich werde angehalten, bestimmte Verfahren und Vorgänge unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten, neu zu überdenken und Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen.
Ich kenne jedoch Vertreter des hohen Managementes, für die muss jedes Ding einen markigen Namen haben. Die kaufen die Managementmethoden von der Stange. Was sie nicht schwarz auf weiß fein säuberlich aufbereitet bekommen, existiert nicht und selbst denken ist ja auch unbequem, auf Argumente/Vorschläge der Mitarbeiter hören = Schwäche und Gesichtsverlust der Führungskraft. Diskussionen mit den Mitarbeitern ............ Beteiligung mündiger Mitarbeiter .............? Weiter unten habe ich ein interessantes Zitat gelesen: _Die Kunst des Managements besteht ohnehin darin, mit weniger Wissen, als es die Mitarbeiter haben, diese zu führen.“ (Pietschesrieder). Wer gibt schon zu, dass er als Führungskraft nicht die absolute Kontrolle hat. Managementmethoden dienen oft nur als Placebo um Symptome der Unfähigkeit zu bekämpfen.
Wenn ich als QMB vorschlagen würde: dieser oder jener Ansatz aus Six Sigma passt auf das Unternehmen bzw. auf einen bestimmten Unternehmensbereich, aber ein anderer Ansatz meinetwegen EFQM passt besser zum Personalmanagement, und schon habe ich ein Problem. Dann hat die Goldene Kuh keinen Namen mehr und ich werde gefragt: _Ja was machen wir denn nun eigentlich? Was können wir nach außen verkaufen?“ _Wir arbeiten nach der Six Sigma-Methode“ - klingt doch schon besser und auch in den Ohren meiner Shareholder.
Damit lassen sich auch die unbequemen wichtigen Aspekte formal verteidigen und vor allem nach unten durchreichen. Die Umsetzung und Konsequenz wird dann von den anderen, nachgeordneten Mitarbeitern, gefordert.

Dazu fällt mir spontan die Garde der Banker ein. Wenn ich heute von der Bank einen Kredit haben möchte, um eine einzigartige Technologie am Markt zu positionieren, bekomme ich garantiert keinen Kredit, wenn ich den Bankern meine Technologie erkläre. Denn es steht nirgendwo schwarz auf weiß, dass ich mit dieser Technologie maximalen Erfolg haben könnte. Die Banker verstehen von der Technologie nichts und kennen den Markt nicht = maximales Risiko. Aber eine Show wie _Deutschland sucht den Super-Star“, oder wahlweise Managementmethode xyz, kann ich bestimmt finanzieren obwohl in ein paar Monaten das Licht ausgeht. Hauptsache die Medien schillern bunt und verheißungsvoll und alle sind so hysterisiert und blind, das Begeisterung zum Gesetz wird.
Was solls, meine Erfahrungen mit dem "hohem" Managment habe ich auf einem unteren Level gemacht, auf dem sich eh niemand um die Professionalität des Managementes schert oder auch nur ein Fachbuch zu dem Thema in die Hand nimmt. Aber auch solche Manager leiten Unternehmen.
Vivian





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  • Wolfgang Horn
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#4028 by Wolfgang Horn
Replied by Wolfgang Horn on topic Re: Kulturlogische Bewertung
Hallo zurück, Vivian,
bitte hüten Sie Ihr Herzblut. Sie engagieren sich für Kollegen, Ihresgleichen, für Zukunft und Wachstum Ihrer Firma, für Erhalt der Arbeitsplätze.
Da wachsen die Gefahren, das einer das ausnutzt.
Zur Sache selbst. Wenn "Vertreter des hohen Managementes" sowieso nur auf den Namen schauen, der diese Saison auf der Goldenen Kuh klebt, und eben nicht unter die Oberfläche, auf die Inhalte - dann machen Sie doch, was Sie und Ihre Kollegen für richtig halten.
Sie können es trotzdem Six Sigma nennen: "Ja, wir arbeiten nach Six Sigma. Die Versprechungen der Six Sigma-Fans sind natürlich marktschreierisch viel zu hoch, aber wir arbeiten danach."
Six Sigma liefert Ihnen wunderbare Argumente: Schauen Sie die Definition, die ich zitiert habe. So schwammig, daß alles drunter paßt. Firmenspezifisch anzupassen, KVP sowieso - für Sie grenzenlose Freiheit.
Daß die "Vertreter des hohen Managementes" sich so lächerlich machen, ist zuerst deren Sache - und dann Ihre und all Ihrer Kollegen. Weil lächerliche Führungskräfte keine sind, sondern nur so heißen. Aber nur gut geführte Firmen überleben im Wettbewerb.
So mancher tüchtige QMB soll auch den Sprung in die Geschäftsführung geschafft haben.
Und so Sie, Vivian, sich für Zukunft und Wachstum Ihres Unternehmens einsetzen, so sehr haben Sie die Sympathien der Kollegen, und mit dieser Sympathie können Sie Wunder bewirken.
Aber dann sitzt der Fondsmanager vor Ihnen und fragt mit spitzer Zunge, die neue Managementmethode zyx sei doch so phantastisch, warum sie die nicht umsetzten?
Lesen Sie mal, was Sie über Johann Tikart und Mettler-Toledo (Albstadt) finden. Ist schon ein Jahrzehnt her, macht QMB's aber Mut.
Ciao
Wolfgang Horn



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