Auf Wissen basierende Entscheide

  • Vivian
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#6848 by Vivian
Replied by Vivian on topic Re: Wissen Träume
Hallo Wolfgang,
Wo wäre die Menschheit ohne Träume? Was wäre unsere Mobilität heute, ohne den Traum vom Fliegen?
: Ja. Schauen wir zum Vergleich erst mal dorthin, wo es besser ist.
: Besser ist das da, wo Du Fakten nachprüfen kannst, wo Du Pläne vor ihrer Realisierung simulieren kannst und recht treffende Prognosen bekommst. Im Bereich der "Hard Facts", von BWL bis Technik, Physik.
****Ich habe wohl zu miserable Erfahrungen.
Die BWL lebt natürlich von Hard-Facts, zumindest sollte sie das. Doch genau hier stimmt die Datenbasis vieler Unternehmen nicht oder Zahlen werden existenzgefährdend fehlinterpretiert und führen zu unstrukturierten Bauch-Entscheidungen. Diesen Fall habe ich jetzt schon so oft erlebt, dass dies eigentlich alles gar nicht mehr wahr sein kann.
Meine GL engagiert sich überhaupt nicht, um eine seriöse und fundierte Datenbasis für ihre Entscheidungen zu schaffen, obwohl dies in ihrem ureigensten Interesse liegen sollte. Ich könnte schon gar nicht mehr schlafen und essen, wenn ich meine Firma so führen würde. So kaufe ich noch nicht einmal ein neues Auto.
Verständnislos den Kopf schüttelnd
Vivian



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  • Vivian
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#6846 by Vivian
Replied by Vivian on topic Re: Auf Wissen basierende Entscheide
Hallo Florian,
ich denke wir messen dem "übergeordneten Wissen" zuviel Bedeutung bei. Ich betrachte jetzt wieder meinen "Mikrokosmos" - mit "Wissen" hat unsere Unternehmensstrategie wenig zu tun. Auch das ominöse besondere Insiderwissen der Geschäftleitungen erscheint oft fraglich. So mancher Schatzsucher hat nach dem Auffinden einer Truhe frohlockt und musste feststellen, dass sie leer ist.
Ich denke es muss ehr "übergeordnete Interessen" heißen. Dazu kommt das Informationen oft als persönliches Eigentum betrachtet werden. Information = Macht, Vorsprung oder auch die letzte Bastion. Ich denke jeder Mensch, gleich in welcher Position, verfolgt Ziele. Ich unterstelle jeder Führungskraft, dass ihr Handeln ihre Entscheidungen auf ein ganz konkretes Ziel ausgerichtet ist.
Als engagierte QMB komme ich allerdings in der Zielanalyse regelmäßig ins Schleudern. Ich habe die Frage offensiv gestellt: "Welche Ziele verfolgen sie, welches Ergebnis erwarten Sie?" Schön; ich habe mein Handeln danach ausgerichtet.
Derzeit kämpfe ich jedoch mit dem Phänomen, dass die Aktionen meiner GL nicht zu den von ihr erklärten Zielen passen bzw. das gewünschte Ergebnis sogar gefährden.
Fazit:
Entweder wurden mir nur "vermeintliche Ziele" genannt und es werden andere Ziele verfolgt oder es liegt geballtes Unwissen über Methoden und Wege zur Zielerreichung vor. Ich tippe auf letzteres.
Gruß
Vivian




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  • Sabine
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#6845 by Sabine
Replied by Sabine on topic Persönliche Interessen-Schieflagen....
Moin Allerseits,
endlich mal wieder ein Beitrag, der den Kern unserer Probleme aufgreift. Danke!
Was meinerseits noch beizusteuern wäre, sind die vielen persönlichen Interessen, die in einer Firma verfolgt werden. Die natürlich teilweise gegensätzlicher Natur sind und sich daher behindern.
Soll heißen, daß viele Entscheidungen wenn nicht sogar alle (?) aus persönlichen Interessen heraus gefällt werden.
Z.B. Was ist mit dem Abteilungsleiter, der sich schon auf dem Geschäftsführerstuhl sieht? Wie wird der seine Entscheidungen fällen? Meist doch eher so, daß die Gesellschafter ihn bejubeln.
Was ist mit dem anderen Abteilungsleiter, der noch auf die Rente wartet? Entscheidet der innovativ? Sicherlich nicht.
Usw. usw. usw.
Entscheidungen werden meiner Erfahrung nach aus folgender Basis gefällt:
1. Fakten, Daten
2. Persönliche Erfahrungen (Vergangenheit)
3. Persönliche Interessen (Zukunft)
Und da 2+3 überwiegen, werden wir uns wohl zumindest in KMU's nie durchsetzen können. In größeren Betrieben habe ich die vage Hoffnung, daß es evtl. anders sein könnte. ??????
: PS: Ich möchte einfach einmal dem Problem auf den Grund gehen, warum wir QM-ler oft nicht ernst genommen werden (Eindruck vieler in diesem Forum!). Warum haben wir oft ein anderes Wissen als die Unternehmensleitung?
Anderers Wissen haben wir bestimmt nicht, nur andere Interessen....
Mir fällt es auch schwer zu begreifen, daß es vielen Managern gar nicht um die Firma und den Mitarbeitern geht, sondern einzig und allein um ihren persönlichen Geldbeutel, die Gier nach Macht und was es da sonst noch gibt.
Gruß
Sabine, die schon wieder weinen könnte...




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  • Frank Hergt
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#6844 by Frank Hergt
Replied by Frank Hergt on topic Re: Auf Wissen basierende Entscheide
Hallo Florian!
Klar kann man auch komplexe Systeme mit Wissen durchschauen. Der Aufwand steigt aber exponentiell mit der Komplexität. Von daher landest Du irgendwann bei Wahrscheinlichkeitsaussagen. Und damit Glaubenssysteme zu durchbrechen, ist schwer. Schau' Dir die Debatte über die Klimaveränderungen an. Über mehr als 10 Jahre hat man in die Präzisierung der Aussagen immer mehr Aufwand gesteckt. Und es gibt immer noch genug nicht überzeugte. Auf unserem Gebiet: Ich bin sicher, daß eine saubere Unternehmensführung die Wahrscheinlichkeit für den Erfolg erhöht. Aber es gehen halt trotzdem auch sauber geführte Unternehmen pleite und es gibt auch unsauber geführte, die florieren. Wolfgangs Liebling ist Werner von Siemens. Mein Gegenbeispiel ist Edison. Vollkommen unterschiedliche Grundsätze - beide erfolgreich. Also kein "harter" Beweis.
Was natürlich noch dazu kommt, ist, daß wir hier im Forum unter Unternehmenserfolg langfristigen (auf Neudeutsch: nachhaltigen) Unternehmenserfolg verstehen. Wenn ein Manager an Quartalsberichten gemessen wird und streng nach FAZ-Karriereführer alle 3 bis 5 Jahre die Stelle wechselt, kann ihm das natürlich egal sein.
Aber wie gesagt: Die Arbeit lohnt trotzdem.
Nachsatz zum Verhältnis von Wissen und Emotionen: Ich denke, es ist eher umgekehrt. Wir sind aus unserer Vergangenheit so gepolt, daß wir auf jeden Fall ein Urteil fällen oder eine Entscheidung treffen, und zwar schnell! Bei unzureichender Faktenlage springt halt der Bauch ein. Muß noch nicht mal immer schlecht sein. Meiner hat mich bisher gut beraten.
Schöne Grüße
Frank



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  • Vivian
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#6853 by Vivian
Hallo Florian,
ich löse die nachstehende Frage ganz bewusst aus der Diskussion. Ich denke, die Frage muss nicht heißen "Warum haben wir (QMler) oft ein anderes Wissen als die Unternehmensleitung?" sondern vielleicht "Warum haben wir eine andere Philosophie als viele Unternehmensleitungen?"
: PS: Ich möchte einfach einmal dem Problem auf den Grund gehen, warum wir QM-ler oft nicht ernst genommen werden (Eindruck vieler in diesem Forum!). Warum haben wir oft ein anderes Wissen als die Unternehmensleitung?
***** Ich habe zur Beantwortung der Frage in meinen bisherigen Erfahrungen gekramt und habe folgende Ansätze gefunden.
Ich habe mich bei meiner Berufswahl intensiv in meinem ostdeutschen Umfeld umgesehen. Welche offensichtlichen Erfordernisse haben die Unternehmen und welche Arbeitsaufgabe könnte auf längere Sicht interessant und abwechslungsreich sein. Viele unserer Newcomer-Firmen haben extremen Nachholebedarf auf betriebswirtschaftlichem Gebiet, viele kleine Firmen gehen trotz toller Produktideen pleite. Junge schnell gewachsende Unternehmen benötigen wachstumsbegleitend eine dynamische Weiterentwicklung ihrer Prozesse und sie müssen dabei solvent, effizient und vertrauenswürdig bleiben.
Diese Notwendigkeit hat meine ganz persönlichen Interessen und meine charakterliche Grundeinstellung getroffen. Ich habe meine Berufswahl unter dem Gesichtspunkt getroffen - was könnte mich dauerhaft begeistern - Deming, Kaizen, Shewart etc. - alles wunderbar, sinnvoll, logisch, verständlich und eigentlich in den Ansätzen simpel. Ich war auch der Meinung, die Verknüpfung von Qualität, Wirtschaftlichkeit und ein vernünftiges Arbeitsumfeld müsse im ureigensten Interesse jeder Führungskraft letztendlich liegen.
Weiterhin bin ich eine Verfechterin korrekter und ergebnisorientierter Arbeit. Wenn irgendetwas, sei es privat oder beruflich, nicht funktioniert oder ständig misslingt, suche ich nach der Ursache, damit mir das Missgeschick möglichst nicht noch einmal widerfährt.
Ich denke ich habe ein anderes Wissen als meine GL, weil ich diesen Job aus Begeisterung für die Sache gewählt habe und das nötige Interesse für das Zusammenspiel von Prozessen innerhalb eines Systems mitbringe - es liegt vielleicht sogar in meinem Charakter.
Wenn ich meinen Bekanntenkreis betrachte: Maschinenbauer haben Maschinenbau studiert, weil sie Spaß an hochkomplizierten technischen Systemen haben und eben keine Menschen führen wollen.
Soziologen haben Soziologie studiert, weil sie die zwischenmenschlichen Beziehungen begreifen wollen.
Psychologen haben Psychologie studiert, um sich selbst zu helfen.
Ich kenne keine Krankenschwester, die nicht äußerst hilfsbereit wäre.
Kindergärtnerinnen sehen wollen bis an das Ende ihres Berufslebens mit Kindern arbeiten.
Pädagogen sind auch im Privatleben schwer zu ertragen.
Anwälte ergötzen sich an Paragraphen und dem Missbrauch des guten deutschen Satzbaus, für den es im Deutschunterricht eine 5 gehagelt hätte.
Machtgierige werden Chef und schalten alle Konkurrenten wenn es sein muss brutal aus. Vernünftige versuchen ihre Umwelt zu überzeugen; Prediger versuchen zu bekehren.
Am unglücklichsten sind die Bekannten, die einen Job aus irgendwelchen äußeren Zwängen ergreifen mussten, der überhaupt nichts mit ihren persönlichen Interessen vereinbar war und für den auch kein Interesse aufkeimte.
Außer Frage steht natürlich, dass viele unserer QM-Kollegen zum QM-Job kommen wie Maria zum Kind. Wer diesen Beruf freiwillig ausübt, hat auch eine persönliche Motivation.

Viele Grüße

Vivian




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  • Florian
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#6860 by Florian
Replied by Florian on topic Re: Auf Wissen basierende Entscheide
Hallo Vivian
Du hast sicher recht, dass in vielen Fällen die Interessen eine grosse Rolle spielen. Ich denke bis zu einem gewissen Grad ist dies auch legitim. Jede Person muss laut Wolfgang Horn ihre persönlichen Interessen gewahrt sehen, ansonsten wird der Wille zur Mitarbeit immer schwächer.
Vielleicht ist der Vegleich mit einer Demokratie erlaubt. Jeder kann eigentlich tun was er will, solange er die Lebensqualität anderer nicht schmälert. Natürlich wäre in einem Unternehmen anzustreben, dass möglichst viele nicht nur an sich selber sondern auch an die Firma denken. Denn nur über eine gesunde Firma kann ich meine persönlichen Interessen auch einlösen. Dies gilt natürlich auch für den Staat, nur ist dieses System zu gross, als dass wir uns damit noch identifiezieren könnten. Jeder versucht den Staat zu melken.
Die Unsitte, jedem für jede Zusatzanstrengung einen Bonuns oder Leistungszulage zu bezahlen, hat seinen Beitrag zur heutigen Problematik geleistet. "Wenn Du dies tust, bekommst du das!" hat dazu geführt, dass wir uns nur noch um "das" bemühen und der Weg dahin zu Qual wird.
Dies ist jedoch ein Systemproblem und die Lösung kann nicht sein, dass sich die Menschen ändern müssen. Das richtige System könnte viele solcher Intressensprobleme lösen helfen. Kein Bonussystem und keine übertriebenen Managerlöhne wären ein guter Anfang.
Freundliche grüsse
Florian Padrutt


qm-online.ch

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